BVG-Ausschuss vom 21.05.2019

Lars Leschewitz

Der heutige Außentermin war ein ganz spannender. Wir waren bei der Firma SiFaT in Staaken zu Gast, die Fahrsicherheitstrainings für LKW-Fahrer anbieten und mit ihren großen LKWs und Simulatoren auch an Schulen kommen. Anlass des Besuchs war ein Antrag der FDP, ein externes Blinkwarnsystem für LKWs in Spandau einzuführen, das Rechtsabbiegeunfälle mit Radfahrern verhindern soll.

Wir Verordneten und Vertreter des Bezirksamtes erhielten zunächst eine Einführung in die Besonderheiten des toten Winkels bei LKWs und eines Abbiegeunfalls mit Radfahrern. Erhellend war zu sehen wie groß der tote Winkel tatsächlich ist. Ganze Schulklassen „verschwinden“ einfach, je nachdem wo sie stehen. Auch vor dem LKW ist aufgrund der Höhe des Fahrerhauses ein normal großer Mensch in zwei Meter Abstand fast nicht mehr zu sehen. Davon konnten sich alle beim Hineinsetzen in den LKW überzeugen. Auch der Unfall mit dem Rad ist besonders tückisch: Dadurch das zuerst der Lenker Kontakt mit dem abbiegenden LKW herstellt, kommt es zu einem Torsionsunfall, d.h. Lenker und Rad drehen sich nach unten weg und geraten unter den LKW. Weil dann die Hinterräder einen kleineren Wendekreis als die Vorderräder des LKWs fahren, werden die Radfahrer überrollt. Aufgrund der Schrecksekunde und der schnellen Abfolge ist es für Radfahrer praktisch unmöglich, dem Unfall und dem Überrollen zu entkommen. Anders als bei einem Frontalzusammenstoß oder einem seitlichen Touchieren, wo man möglicherweise „nur“ mit Schürfwunden oder gebrochenen Knochen im Seitengraben landen würde, ist dieser Torsionsunfall deswegen so tückisch und endet oft tödlich.

Im zweiten Teil konnten wir Verordneten uns dann noch bei Interesse in einen Fahrsimulator setzen und einen LKW durch eine Simulation steuern. Von außen konnten der Fahrlehrer und die übrigen Teilnehmer die Fahrt beobachten. Meine Fahrt, die mich über eine Landstraße führte, machte mich auf einige Schwierigkeiten für LKW-Fahrer aufmerksam: Zum einen ist ein LKW eine sehr unbewegliche, schwere Masse, gerade, wenn man noch auf die Anhängerlast (oft zerbrechliche Ware) achten muss. Zwar fährt er sich grundsätzlich einem PKW gleich, aber er zieht sehr langsam an und gerät leicht ins Schliddern (meine Fahrt endete auf eisiger Fahrbahn in der Leitplanke). Zum anderen stellt ein besonderes Problem tatsächlich die Beobachtung der Umgebung dar. Es gibt zwar etliche Spiegel, doch ist es fast unmöglich alles gleichzeitig im Blick zu haben. Und tote Winkel gibt es dann immer noch reichlich. Und auf andere Verkehrsteilnehmer, die sich nicht regelkonform verhalten, muss man als potenziell „stärkster“ Verkehrsteilnehmer auch noch achten. So war es nicht verwunderlich, dass andere Verordnete bei ihren Touren, Hunde, Kühe und Radfahrer platt fuhren, obwohl sie umsichtig fahren wollten.

Am Ende des Tages hatten alle interessante Eindrücke gewonnen, die zum Nachdenken anregen, ob im LKW angebrachte oder externe Hilfssysteme zielführend sind. Tatsächlich gibt es schon viele Spiegel und technische Hilfsmittel, doch ist es menschlich fast unmöglich auf alles zu achten. Der Hinweis eines Lehrers war hilfreich, der meinte, dass Radfahrer besonders vorsichtig sein müssten und im Notfall auf ihr Vorfahrtsrecht verzichten sollten. LKWs seien nun mal stärker. Also besser defensiv fahren und dafür überleben.

Auf Nachfragen, warum die Firma bisher nur bei zwei Grundschulen in Spandau ihre Trainings mit den Schülerinnen und Schülern absolviert hätten, gab es die Auskunft, dass es an vielen Schulen an Verkehrserziehungsbeauftragten mangele. Die Lehrer würden nicht mehr genügend Ausgleichsstunden für ihre Arbeit bekommen und daher diese aufgeben. Ohne diese Kräfte würde die Koordination mit der Firma, die grundsätzlich gerne an mehr Schulen kommen würde, nicht klappen. Da scheint mir eine Intervention angebracht, hier von der Schulverwaltung mehr Engagement zu fordern.

Der FDP-Antrag zum Bike-Flash-System wird also im nächsten Ausschuss durchaus mit neuer Brille betrachtet werden.