BVV-Sitzung vom 23.01.2019

Lars Leschewitz

In der Sitzung stellte zunächst der Fraktionsvorsitzende eine mündliche Frage an Liegenschaftsstadtrat Otti (AfD), warum die AfD-Fraktion am 7. Januar einfach einen Raum nutze, den die Linksfraktion reserviert hatte (inklusive Bestätigung und Schlüsselübergabe). Es wurde offenbar, dass der Stadtrat überhaupt keinen Überblick über die Vergabepraxis hatte. Die Situation konnte er auch nicht rekonstruieren. Ob er seiner eigenen Fraktion auch noch einen Freundschaftsdienst erwiesen hatte, wollte er gar nicht erst beantworten. Auch die offensichtliche Lüge, ein anderer Raum sei gesperrt gewesen, obwohl die Linksfraktion dann dort tagen musste, wurde nicht weiter kommentiert. Das einzige, was dem Stadtrat einfiel, war anzumerken, die Liegenschaftsverwaltung werde die Raumvergabe nun komplett selbst übernehmen. Was das genau heißen soll – denn bisher war es auch schon so – wurde nicht klar.
Dass Stadtrat Otti sein Amt nicht im Griff hat, wurde auch bei zwei Anfragen von Grünen und SPD zur SJC Wildwuchs und zum Pförtner- und Wachdienst deutlich. Der Stadtrat flüchtete sich in spektakuläre Floskeln („Was richtig ist, kann nicht falsch sein.“) und wurde zunehmend ungehaltener. Die Baumaßnahmen im Jugendclub Wildwuchs ziehen sich nun schon Jahre hin, die nötige Expertise wurde wohl erst vor kurzem vom Liegenschaftsamt eingekauft. Beim Pförtner- und Wachdienst herrschen offenbar unhaltbare Zustände. Herr Otti sprach von 12-Stunden-Diensten. Wie kann das sein, wenn er dafür zuständig ist, zu überwachen wie die outgesourcten Dienstleistungen ausgeführt werden. Zu Recht fordern wir als Linke daher wieder ein Insourcing des Dienstes. Im öffentlichen Dienst werden Arbeitsschutzregeln wenigstens noch eingehalten. Wir bleiben an dem Thema dran und werden Otti auf die Finger schauen.
Ein gemeinsamer Antrag von Linksfraktion, SPD und Grünen für ein Pilotprojekt zum Aussetzen der Sanktionen bei Hartz IV wurde direkt behandelt. Auch wenn CDU und AfD (Anwalt der „kleinen Leute“? Wohl eher nicht!) wie üblich das Sanktionsregime schön redeten, konnte sich immerhin die FDP mit der Idee anfreunden. Sie änderte den Text zwar unwesentlich, stimmte dann aber mit. Wir freuen uns, dass sich das Bezirksamt nun dafür einsetzen soll, dass in Spandau ein solches Pilotprojekt eingeführt wird. Allerdings hängt es natürlich von der Entscheidung auf Bundesebene ab. In der Debatte konnten wir zumindest deutlich machen, welchen schädigenden Charakter Sanktionen haben, die Menschen unter das Existenzminimum drücken und gleichzeitig den Druck auf Erwerbslose so erhöhen, dass in Deutschland ein beispielloser Niedriglohnsektor entstanden ist.
Die CDU stellte einen Dringlichkeitsantrag, die Entscheidung des Senates, den Siemens-Campus bauplanungsrechtlich in Spandau zu halten. Allerdings wurde die Dringlichkeit abgelehnt. Der Antrag wird im Februar wieder behandelt.
Weitere Anträge von uns (Reinigungskonzept für das Kulturzentrum Staaken, Motorradparkplätze in der Neustadt, Beleuchtung der Privatstraßen in Siemensstadt) wurden in die entsprechenden Ausschüsse geschickt.
Große Anfragen hatten wir zum Berliner Informationsfreiheitsgesetz (schriftlich), der Offenen Mieterberatung (ebenfalls schriftlich), den Parkplätzen am Waldkrankenhaus (nach Zeitablauf ebenfalls schriftlich) und dem Mietenzuschuss für Tagesmütter gestellt. Bei letzterer Anfrage stellte der Jugendstadtrat fest, dass tatsächlich Tagesmütter, die ihr Angebot in Einliegerwohnungen anbieten, nicht automatisch Mietenzuschüsse erhalten, weil sie i.d.R. keinen Mietvertrag haben. Diese landesweit einheitliche Regelung lässt aber Ausnahmen zu, wenn das Jugendamt es als notwendig sieht, die Tagesmütter in dem Fall doch finanziell zu unterstützen. Dies wird in Spandau auch angewendet. Das Jugendamt zahlt bis zu 140 € pro Betreuungsplatz.
Bei den Beschlussempfehlungen versuchten wir noch, die BVV vor ihrer eigenen Lächerlichmachung zu schützen, aber die übrigen Parteien sahen es als notwendig an, die Verlängerung der U7 in verschiedene Richtungen zu befürworten. Wir hatten vorgeschlagen, die Problematik der Verkehrsanbindung des Spandauer Südens in einer gemeinsamen Sitzung aus BVG- und Stadtentwicklungsausschuss zu beraten. Dem wollten die übrigen Parteien aber nicht folgen. Stattdessen wurde auch unser Antrag, den Nahverkehrsplan Berlin für Spandau sinnvoll zu nutzen, abgelehnt.
Etwas Aufregung gab es auch bei der Beschlussempfehlung zu unserem Antrag, Parteien von der Zitadelle auszusperren. Weil eine komplette Sperrung den Parteien CDU/SPD/FDP/Grüne nicht geheuer war, sollten Parteien nur bis 19 Uhr von der Zitadelle fern bleiben. Dem konnten wir nicht mehr zustimmen. Die AfD, die mit dem Antrag ihres letzten Ortes für Parteitage beraubt wurde, stimmte ebenfalls nicht dafür. In einer wirren Rede schlug der Fraktionsvorsitzende der AfD wieder einmal mit allerlei Thesen um sich und wurde von der Vorsteherin mehrfach zur Ordnung gerufen. Die Linksfraktion beantragte daraufhin ein Wortprotokoll des Tagesordnungspunktes. Die Beschlussempfehlung wurde am Ende gegen unsere Stimmen und die Stimmen der AfD angenommen: Bis 19 Uhr sollen keine Parteien auf die Zitadelle. Immerhin.